Veröffentlicht am 18. August 2011

Aus der Geschichte des Alten Rathauses und der Ratswaage

1312
Auf dem Marktplatz wurde ein Rathaus als Fachwerkbau errichtet.
1341
Auf dem Ratswaage-Grundstück begann der Bau des Archivturms. In ihm wurden bis 1835 die städtischen Privilegien sicher verwahrt. Sein Fundament ist 2002 bei archäologischen Grabungen freigelegt worden.
14. Jahrhundert
Nördlich des Archivturms entstand ein Waagegebäude aus Holz.
15. Jahrhundert
Ein neues, größeres Waagegebäude aus Fachwerk wurde errichtet.
1466
Der Bau eines massiven Rathauses begann.
1501
Das Alte Rathaus erhielt einen Treppenturm.
1558
Nickel Hoffmann leitete die Renaissance-Überformung des Alten Rathauses.
1573 – 1581
Das Fachwerk-Waagegebäude wurde abgebrochen und eine massive Ratswaage erbaut, „die zu den stattlichsten und bedeutendsten Renaissancegebäuden der Stadt gehörte und eine Pracht und Gediegenheit aufwies, wie sie der städtebaulich bevorzugten Lage und gesellschaftlichen Funktion entsprachen“ [1, S. 73]; „ein würdiges Pendant zum Rathaus“ [2, S. 26]
1694 – 1834
Die Ratswaage, ursprünglich Versammlungs- und Hochzeitshaus der Bürger, diente als Hauptgebäude der Universität Halle. Hier wurde Georg Friedrich Händel immatrikuliert. Hier fanden „Amtseinführungen des Rektors und ein Teil der Vorlesungen sowie andere wichtige Veranstaltungen der Universität“ statt. [2]
1702
Ein Barockbau mit prächtigem Portal ersetzte den im 16. Jahrhundert erbauten Südflügel des Alten Rathauses in der Leipziger Straße.
Mitte der 1830er Jahre
Das Dach der Ratswaage wurde erneuert, seine Höhe um ein Drittel reduziert und die Fassade klassizistisch vereinfacht.
1837 – 1875
Die Ratswaage diente einer Bürgerschule als Domizil.
1875 – 1945
Stadtverwaltung und Handel nutzten die Ratswaage.
1928 – 1929
Hinter dem Alten Rathaus wurde der Ratshof errichtet.
1945
Bomben zerstörten Ratswaage und Altes Rathaus teilweise. Der Barockflügel in der Leipziger Straße blieb nahezu unversehrt.
1949
Das Hauptportal der Ratswaage, inzwischen in der Moritzburg, wurde im Burghof aufgestellt.
bis 1950
Das Architekturensemble Alte Waage und Altes Rathaus wurde schrittweise abgerissen.
1960er Jahre
Vorarbeiten zur Rekonstruktion des Alten Rathauses fanden statt. Sie führten aus ökonomischen Gründen nicht zum Wiederaufbau. [3]
1990
Als eines ihrer Ziele verankerte die hallesche SPD den Wiederaufbau der Ratswaage und des Alten Rathauses im Wahlprogramm „Wir für Halle“.
1994
Zwei Drittel der Besucher einer Architekturausstellung sprachen sich im Besucherbuch für eine historische Gestaltung des Marktplatzes aus; ein Drittel (75) für eine Beibehaltung der Nachkriegsgröße; niemand wurde genannt, der sich zeitgenössische Architektur gewünscht hätte – (siehe Presse: MZ vom 14.01.1994). Dieses klare Ergebnis veranlasste Stadtverwaltung und Stadträte nicht, die Wiederherstellung der historischen Rathausseite als verbindliches mittel- oder langfristiges Bebauungsziel festzulegen oder hierzu eine repräsentative Bürgerbefragung in Auftrag zu geben.
1996
Der Stadtrat stimmte der Wiederbebauung des Waagegrundstücks zu, legte aber nicht fest, dass die Ratswaage – oder zumindest die historische Fassade – rekonstruiert wird.
1998 – 1999
Ein Investorenwettbewerb fand statt, der hinsichtlich der von den meisten Bürgern gewünschten Wiederherstellung des historischen Bildes überflüssig war.
seit 2000
Der Widerstand der Bürger und prominenter Auswärtiger gegen den vorgesehenen Kaufhaus-Erweiterungsbau auf dem Waagegrundstück und ihr Eintreten für die Wiederherstellung der historischen Ansicht der Rathausseite nahm zu und hält bis heute an.
2001
Die aus Spenden finanzierte Bronzeplastik der Burg-Absolventin Cathleen Meier erinnert vor dem Ratshof an das Alte Rathaus und den Barockflügel.
2004
Der weithin ungeliebte Kaufhaus-Erweiterungsbau wurde eingeweiht – begleitet von einer Mahnwache „Wider den Kaufhofklotz“. – Die gut erhaltenen Grundmauern des Alten Rathauses waren vor der Verlegung des neuen Marktpflasters zeitweise sichtbar.
2006
„Der Klotz von Halle“ erschien in erster Auflage. Dort schilderte W. Bressel die problematischen Hintergründe der Errichtung des Kaufhof-Erweiterungsbaus. – Auch Maya Grabers Triptychon „Ratsloggia“ hält die Erinnerung an das Alte Rathaus am Platz seiner Verkündigungsloggia wach.
2007
Unter dem Titel „Halles Herz macht Lust und Schmerz“ berichtete die MZ über die Eröffnung einer Ausstellung zum Marktplatz im Stadtmuseum. Dort regte die neue Oberbürgermeisterin, Frau Szabados, an, „ungeachtet des vorläufigen Abschlusses der Marktsanierung, unverdrossen über weitere Verschönerungen des Platzes nachzudenken“ (siehe Presse: MZ vom 25.08.2007).
2008
Katrin Pannickes Bronzerelief am Markt 24 (Kaufhof-Erweiterung) erinnert anlässlich des Baubeginns der Renaissance-Ratswaage 435 Jahre zuvor an ihre langjährige Funktion als Universitätshauptgebäude.
seit 2008
Nach wiederholten positiven Signalen aus der Stadtverwaltung werden mit vielfältigen Aktionen Spenden für die Wiedererrichtung des Alten Rathauses gesammelt.
2016
Die Bürgerinitiative Historische Rathausseite Halle (Saale) e.V. errichtet die „Stiftung Altes Rathaus Halle (Saale)“.
2019
Dank vieler kleiner und einiger größerer Zuwendungen sind Mitte Oktober Restaurierung bzw. Nachbildung von 90 % der Portalsteine des Barockflügels des Alten Rathauses finanziert. Das Portal soll wieder an seinem ursprünglichen Standort errichtet werden.

Quellen:

 

[1] A. Dolgner et al., Der historische Marktplatz der Stadt Halle/Saale. Halle (Saale) 2001, S. 73
[2] Historische Beiträge. Heft 3. Geschichtsmuseum der Stadt Halle. Halle (Saale) o. J., S. 26 u. 29
[3] Erinnerungsprotokoll eines Zeitzeugen, 2001